Terasse nähe des Rosengarten´s

"Ja, Ojou-sama?" fragte ich endlich mit sanfter Stimme und schloss dabei die Augen.
Ich wollte mich jetzt auch gar nicht von ihr lösen,
was ich klar machte, indem ich sie noch fester an mich drückte, aber dabei bedacht, sie nicht zu erdrücken oder ähnliches.
Denn auch wenn sie manchmal richtig mutig zu sein schien, sie war dennoch ein Mädchen. Und Mädchen waren zerbrechlich. Die meisten zumindest.
Und dies veranlasste mich dazu, sie zu beschützen, egal was kommen mochte.

"Ja..." murmelte ich bei ihrem ersten Satz.
Bei ihrem zweiten kam ich zum Stocken. Was sollte ich sagen?
Natürlich wollte ich an ihrer Seite sein, so wie ich sie an meiner haben wollte.
Aber wenn sie dadurch in Gefahr geriet, was würde ich dann machen?
Ich könnte mir das niemals verzeihen, schon gar nicht, wenn sie sich dann auch noch bewusst in solche Gefahren stürzte.
Aber wegschicken wollte ich sie auch nicht.
"Es... wäre wirklich schön, wenn wir für immer so bleiben können..." murmelte ich leise.
"Wenn... die Welt nicht solchen Gefahren ausgesetzt wäre."

"Aber..."
Ich schluckte kurz, sie musternd, dass sie nicht verletzt war.
"Wenn dir etwas passiert... ich weiß nicht, ob ich mir das jemals verzeihen würde..."
gestand ich und senkte den Blick.
"Die Ganze Welt ist überfüllt von negativem und von Gefahren... Es ist einfach nur..."
hauchte ich immer leiser.

"Es ist eine böse Welt." sagte ich klipp und klar.
"Du weißt das auf unserer Schule auch viele ... unmenschliche Wesen anwesend sind... Solche gibt es vermehrt auf der Welt und wenn es zur Routine wird... werden Menschen ihnen zum Opfer fallen."
Ich seufzte nur, dann lenkte mich ihr Kuss ab, den ich sofort erwiderte.
Wieder schossen Glücksgefühle durch meinen Körper, mir wurde kalt und heiß.
Doch dann drängte sich ein einzelner Gedanke nach vorn:
Wie würde sie reagieren, wenn sie erfuhr, dass ich ein Dämon war?
Dies hielt ich immer noch geheim.

"Aber... ich weiß nicht ob ich dich beschützen kann..."
Das wusste ich in der Tat nicht. Kaoru hatte immer trainiert, um sich verteidigen zu können. Ich war nur in der Lage mich zu verteidigen, richtig kämpfen konnte ich nicht. Zwar wusste ich mit dunkler Magie umzugehen, aber im Grunde vermied ich allgemein Kämpfe. Ich war schwach in diesem Sinne. Auch wenn ich es war, der Kaoru immer beschützt und jemand getötet hatte. Doch... da war ich außer Kontrolle geraten und ich schwor mir, dies nie wieder zu tun.
Wir lösten uns und allein dieses Gefühl hinterblieb.
"Naja diese Welt bringt einen nur zum Nachdenken..." sagte ich leicht lächelnd.

Ich blickte in ihre Augen, welche so viel Wärme ausstrahlten, die das reine Böse ganz allein bereinigen könnte.
Ihr über die Wange streichelnd stieß ich einen kleinen Seufzer aus und senkte den Blick.
Die Frage mal anders gestellt: Wie konnte sie nur so positiv denken, in einer Welt, die sie umbringen könnte?
"Ich mache mir einfach nur Sorgen" wich ich anschließend aus und schenkte ihr ein, wie sollte es anders sein, leichtes Lächeln meinerseits.
"Auch wenn meine Gefühle recht betrübt sind... ich bin mir jedoch sehr bewusst, dass du mir wichtig bist!" versicherte ich ihr.

"Die Welt kann grausam sein... Das Schicksal kann zuschlagen..."
murmelte ich vor mich hin und versank wieder in meine Vergangenheit.
Keine Liebe, Dunkelheit, Hass, Krieg... ihr Tod...
Ich hatte sie getötet, mit meinen eigenen Händen.
Ich wusste nicht, wie ich geschaut haben muss, aber irgendwie schien es geschockt zu sein.
"Alles... kann... grausam sein..." murmelte ich weiterhin.
Von der Außenwelt abgeschnitten. Ich drohte zu fallen.

Ich hörte Stimmen.
Stimmen weit entfernt von mir.
Irgendwie sollte ich zu ihr gehen. Mich von ihr leiten lassen.
Doch was wäre, wenn ich noch tiefer fallen würde?
Als würde es jetzt einen Unterschied machen. Im Grunde genommen war ich selbst Schuld, dass ich mich wieder mit meiner Vergangenheit befasste.
"Nii-san..." brach ich flüsternd heraus und kippte ins Gras.

Meine Augen waren noch immer offen, aber ich starrte ins Leere.
In meinem Inneren spielte sich folgende Szene ab:
Chizuru, unsere Zwillingsschwester stand vor uns. Sie hatte uns mit diesem wütenden und dennoch verweintem Blick angeschaut. Es wäre ihr lieber gewesen, Kaoru hätte anstelle unserer Eltern sterben sollen, rief sie. In mir kam ein Gefühl von Hass hoch.
Ich hatte Kaorus Dolch genommen, weiter wusste ich nicht. Ich erinnerte mich nur noch an all das Blut, Chizurus Leiche und Kaorus Lache.
"Solange ich dir helfen konnte... würde ich jeden umbringen... Ich... bin ein Möbelstück..." sagte ich.
Dennoch wusste ich nicht, ob es laut gesagt wurde. Ob Jessica es gehört hatte.

Ich schwebte noch immer zwischen der Realität und Fantasie.
Dennoch hörte ich immer wieder eine Stimme. Dann etwas kaltes.
Und diese Kälte war wie ein Schlag ins Gesicht.
Ich realisierte meine Umgebung und bemerkte, dass ich zum Himmel starrte.
Wieso lag ich auf dem Boden?
Als zweites entdeckte ich Jessicas Gesicht, voller Tränen.
Einige Male blinzelte ich, ehe ich mich aufrichtete und meinen Kopf berührte.
"Was...?" ich brachte es nicht heraus.
Mein Herz raste.
Hatte ich irgendetwas gesagt?
Und wenn ich genauer überlegte, wusste ich gar nicht mehr, warum ich nun völlig weg war.

Ungewissen machte sich in mir breit.
Sie weinte, wohl meinetwegen. Ich zögerte kurz, ehe ich mit meinem Finger ihre Tränen wegwischte.
"Tut mir Leid" hauchte ich leise und senkte den Blick.
Es war alles wieder total von mir vermasselt worden.
Ich konnte es nicht sehen, wenn sie weinte.
"Ich... Ich scheine immer wie weggetreten zu sein, wenn meine Vergangenheit zu deutlich in mir hochkommt." sagte ich nur.
"Bis jetzt hatte nur Kaoru das miterlebt... Jetzt hast du es wahrscheinlich auch... Habe... Habe ich etwas gesagt? Etwas falsches? Habe ich verletzende Dinge zu dir gesagt?" wollte ich wissen.

Ich schluckte. Zuerst war ich erleichtert, was Jessica sagte,
doch als sie abbrach und wieder begann zu weinen, stockte ich.
Ich schüttelte den Kopf und wischte ihre Tränen wieder weg.
"Nein... Nicht weinen..." sagte ich mit einer fast gebrochenen Stimme.
"Ich habe etwas gesagt, oder? Etwas schlimmes?"
Zum ersten Mal seit langem verspürte ich Trauer, Ungewissheit und Ratlosigkeit.
Was hatte ich getan? Was hatte sie gehört?